Montag, 8. Februar 2016

I´m Going Home



Am Freitagabend duftet ganz Downtown Memphis nach Barbecue. Es ist unser letzter Abend in Amerika und wir haben Hunger, nachdem wir den Großteil des Tages mit Shopping verbracht haben.
Wir kehren im "Rendezvous" ein, ein Restaurant, das in Touristenführern empfohlen wird. Das Essen ist allerdings hier eher durchschnittlich und das Drumherum ist reinste Massenabfertigung. Unser Tipp: "Rayz" an der South Main Street. Nicht zuletzt, weil hier zum Essen unsere "A Tasca" CD läuft ...


Wir haben auf unserer Reise so viel gesehen und erlebt, sind an den Schauplätzen der Musikgeschichte gewesen, haben viele neue Leute kennen gelernt und haben so viele Eindrücke empfangen, dass es jetzt wohl erst einmal eine lange Zeit dauern wird, das alles zu verarbeiten.
Leider hat es ja mit dem Weiterkommen bei der IBC nicht geklappt, aber wer weiß, ob es das letzte Mal war?
Vieles wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung des Verkehrsbüros "Memphis & Mississippi" ohne deren Hilfe und Kontakte wir ganz viele wunderbare Erlebnisse und Begegnungen niemals gehabt hätten. Auch an Helge und Barbara von "Kreativ Konkret", die uns während der IBC professionell betreut haben, geht unser Dank. (Danke für die Fotos, Helge!) Nicht zu vergessen ist auch Thomas Klingebiel, Redakteur der "Neuen Westfälischen", der uns bis nach Greenwood, Mississippi begleitet hat, uns zu den bedeutenden Plätzen gelotst hat und uns fast 2000 Fotos zur Verfügung gestellt hat. Danke, Thomas!
Sein Bericht über unsere Reise wird übrigens demnächt in der Zeitung zu lesen sein.

Wir verlassen jetzt also Memphis und den Mississippi

und fliegen nach einem kurzen Zwischenstopp in Chicago wieder nach Hause.

see you next time on Beale Street!

oder im Sun Studio?



oder irgendwo in Deutschland?










Freitag, 5. Februar 2016

You Got To Move


Am nächsten Morgen machen wir uns nach einer Übernachtung in Clarksdale auf den Weg zum Mundharmonika -Shop von Deak Harp, den wir bei unserem ersten Besuch in der Stadt nicht angetroffen hatten. Dabei ist es ganz einfach zu erkennen, ob er da ist: Ist er im Haus, stehen große Boxen vor der Tür, die die ganze Nachbarschaft mit ausgewählter Bluesmusik beschallen. Deak stammt ursprünglich aus New York und hat sich vor vielen Jahren in Clarksdale niedergelassen, wo er ein Geschäft für Mundharmonikaspieler betreibt. Er fertigt eigene Instrumente an und vertreibt ausgewähltes Zubehör, wie spezielle Verstärker und Mikrophone. Er selbst ist ein hervorragender Musiker, der mit vielen Größen gespielt hat. Ausserdem organisiert er Bluesfestivals im Delta und gibt Unterricht.

Klar, dass Andy in dem Laden große Augen bekommen hat und diesen auch nicht verlassen konnte, ohne etwas zu kaufen. Ein paar Tipps aus Deaks Trickkiste gab es gratis dazu...



Nach einer kleinen Stärkung im "Ground Zero Blues Club", den der Schauspieler Morgan Freeman gemeinsam mit Bill Luckett, dem Bürgermeister von Clarksdale, der uns auf der Staße gleich seine Visitenkarte überreicht hat, betreibt, fahren wir zurück nach Memphis. Dort checken wir im Motel 6 ein und genießen abends noch ein Konzert auf der Beale St.


Am nächsten Morgen ist dann wieder Sightseeing angesagt. Als erstes der Punkt, auf den ich mich schon lange gefreut hatte: Wir besichtigen die Fabrik, in der die Firma Gibson ihre halbakustischen Gitarren herstellt. Unter anderem wird dort die legendäre ES-335 gebaut. Leider durften wir während der Führung nicht fotografieren. Wir konnten allerdings die halb fertigen Gitarren in jeder Phase der Herstellung sehen und auch in der Hand halten. Da schlägt das Gitarristenherz höher! Auch einen Outlet Store gab es dort, aber die Preise, die dort aufgerufen werden, sind nicht günstiger als in Deutschland...
Gleich nebenan liegt das "Memphis Rock & Soul Museum", wo die Entwicklung dieser Musik aus Blues, Country und Gospel anhand von Musikbeispielen und Szenen aus dem Leben in der Region eindrucksvoll dargestellt wird.


Danach wird es Zeit, auf die Pyramide zu kommen, bevor die Sonne untergeht. Diese Pyramide, ca. 30 Stockwerke hoch, ist ein Wahrzeichen der Stadt Memphis, die ja ihren Namen von einer Stadt im alten Ägypten geborgt hat. Im Inneren befindet sich ein Geschäft für Outdoor-Kleidung, Jäger und Anglerbedarf sowie der größte freistehende Fahrstuhl der USA. Dieser führt zu einer Aussichtsplattform, von der aus man einen großartigen Blick über die Stadt und den Mississippi hat.


Hier erleben wir einen herrlichen Sonnenuntergang, bis wir uns wieder auf den Weg zur Beale St. machen, um noch etwas Blues zu tanken. Hat man allerdings mehrere Abende auf der Beale zugebracht, um Musik zu hören, muss man allerdings - bei allem Respekt vor den sehr guten und professionellen Musikern - feststellen, dass die musikalischen Darbietungen dort sehr auf ein Touristenpublikum zugeschnitten sind.  Bands, die dort auftreten, spielen in der Regel ein Programm aus Gassenhauern wie. "Stormy Monday", "The Thrill Is Gone" und "Mustang Sally" etc. Ein Solokünstler, der immerhin für den "coolest Blues Song 2013" ausgezeichnet worden ist, spielte an der Beale nur Robert-Johnson-Songs herauf und herunter. No business like show business...




Mittwoch, 3. Februar 2016

Going Up The Country



Und weiter geht unsere Reise durch das Mississippi Delta. Nach einer Übernachtung in Cleveland erreichen wir am Vormittag die Dockery Farm, auf der einige der bedeutendsten Pioniere des Blues gelebt, gearbeitet und gespielt haben. Musiker wie Charley Patton, Son House, Willie Brown, Tommy Johnson und nicht zuletzt auch Robert Johnson haben hier voneinander gelernt und sich gegenseitig beeinflusst, so dass das, was man heute als „Delta Blues“bezeichnet wohl genau hier entstanden ist. Obwohl dieser Ort im Prospekt als „American Treasure“ bezeichnet wird, ist er heute verlassen und verfällt langsam. Trotzdem ist es sehr beeindruckend, wenn auf Knopfdruck die Stimme von Charley Patton das Gelände erfüllt...



Weiter geht es nach Indianola. Dort ist zu Ehren von B.B.King ein modernes Museum entstanden, das neben der Lebensgeschichte dieses berühmtesten Sohnes der Stadt auch tiefe Einblicke in die Kulturgeschichte der Region gewährt, in der Schwarze so lange Bürger zweiter Klasse waren. Mit Ausstellungsstücken wie persönlichen Gegenständen von B.B.King und kurzen Filmen wird der Besucher durch über 80 Jahre Südstaaten-Geschichte geführt. Sehr gelungen!


In Greenwood gibt es den Ortsteil Baptist Town, der sich scheinbar äußerlich seit den 30er Jahren kaum verändert hat. Er besteht hauptsächlich aus kleinen Holzhütten und wird von Schwarzen bewohnt. Hier starb Robert Johnson, nachdem er in einer Bar vergiftet wurde weil er mit der falschen Frau geflirtet hatte.
Sein Grab ist außerhalb der Stadt an der „Money Road“ neben einer alten Kirche. Verehrer aus aller Welt legen Gitarrenplektren und Hochprozentiges auf sein Grab.
Dieses ist mysteriöserweise immer recht bald verschwunden! Am heutigen Tag zeugten weggeworfene leere Flaschen rings um die Grabstätte aber eher davon, dass sich hier wohl nicht der Geist von Robert Johnson daran bedient hat...


Ein Stück weiter auf der Money Road ist ein Mahnmal der besonderen Sorte. „Bryant´s Grocery Store“ wurde im Originalzustand von 1960 belassen, denn hier hat es der 14 jährige Emmet Till mit dem Leben bezahlt, dass er der weißen Ladenbesitzerin hinterher gepfiffen hatte. Die Mörder wurden niemals verurteilt und dieser Vorfall war einer der Auslöser für die Rassenunruhen der 60 er Jahre.


Wir übernachten heute in den „Tallahatchie Flats“. Das sind kleine Holzhäuser, die noch so eingerichtet sind wie in den 40 er Jahren. Allerdings gibt es Strom und fließendes Wasser. Die Häuser kommen aus der Umgebung und wurden am Ufer des Tallahatchie River wieder aufgebaut.


Am nächsten Tag geht es zurück nach Clarksdale. Mit Zwischenstopp in Tutwiler. Dort soll W.C. Handy zum ersten Mal einen Bluesgitarristen gehört haben, der mit einem Slide spielte. Das war 1903 und inspirierte den Komponisten so, dass er den Blues als Musikstil populär machte. Außerhalb des Städtchens, das einen ähnlichen Eindruck vermittelt wie Baptist Town, befindet sich das Grab des großen Harmonikaspielers Aleck Miller, alias Sonny Boy Williamson II. Selbstverständlich, dass Andy ihn besuchen mußte! Es war allerdings gar nicht so einfach ihn zu finden, da die Einheimischen, die wir gefragt haben, nichts darüber wussten.


In Clarksdale besuchten wir das Delta Blues Museum, wo u.a. die Hütte von Muddy Waters steht, die wir auf der Stovall Farm vergeblich gesucht hatten.